Vitamin D und Atemwegserkrankungen inklusive Covid-19
Die positiven Effekte von Vitamin D bei Lungenerkrankungen wie Asthma und Bronchitis sind wissenschaftlich gut belegt und lassen sich auf die immunmodulierenden und entzündungshemmenden Effekte sowie die Steigerung der körpereigenen Abwehrkräfte durch Vitamin D zurückführen.
Dies geschieht durch eine verminderte Ausschüttung von entzündungsfördernden Zytokinen sowie der Aktivierung von Abwehrzellen (Monozyten und Makrophagen) mit einer vermehrten Produktion von antimikrobiellen Substanzen (Cathelicidin). Eine Metaanalyse konnte zeigen, dass die prophylaktische Vitamin D Gabe, die am besten auf täglicher Basis erfolgt, die Häufigkeit von Infektionen der Atemwege reduziert.
Auch die Beziehung zwischen Vitamin D Werten und dem Auftreten der saisonalen Influenza und Tuberkulose sowie anderen infektiösen Atemwegserkrankungen ist seit langem bekannt. Bei Asthmatikern kommt es zu einer Verringerung des Lungenwiderstandes durch Beeinflussung der glatten Muskelzellen in den Atemwegen.
Wenig überraschend haben seit Beginn der Coronavirus Pandemie im Frühjahr 2020 eine Vielzahl von Untersuchungen auch eine Korrelation zwischen einem schweren Krankheitsverlauf und niedrigen Vitamin D Werten nachgewiesen.
Typischerweise führen die Coronaviren zu einer Infektion der oberen-, manche wie das SARS-CoV-2 (COVID-19) Virus auch zur Infektion der unteren Atemwege und können hier in Kombination mit der Immunantwort des Wirtes eine schwere Entzündung mit Ausbildung eines Lungenversagens im Sinne eines ARDS (aquired respiratory distress syndrom) bewirken. Weiterhin kann es durch eine unkontrollierte Immunantwort zur Freisetzung eines entzündungsfördernden Cytokin Sturmes mit Ausbildung einer Sepsis und zum Multiorganversagens kommen. Dies ist bei 38% der Infizierten die Haupttodesursache bei einem schweren Verlauf der Coronaerkrankung.
Auf zellulärer Ebene kommt es durch die ausgeprägte Entzündung zur massiven Destruktion von Lungenalveolen und Ausbildung eines Lungenödems, wodurch der Gasaustausch zum Erliegen kommt. Die Behandlung der Covid-19 Infektion beschränkt sich bis heute weiterhin auf unterstützende Maßnahmen, da keine wirksamen Medikamente zur Verfügung stehen.
Die protektiven Wirkungen von Vitamin D bei einer Covid 19 Infektion beruhen in der Summe auf einer Abschwächung der verstärkten und persistierenden Entzündungsreaktion des angeborenen Immunsystems sowie einer kontrollierten und angepassten Immunantwort des zellulären (erworbenen) Immunsystems.
Eine entscheidende Rolle ist auch in der direkten Wirkung von sowohl Vitamin D3 als auch der Metaboliten 25-OH Vitamin D und 1,25 OH Vitamin D in der Aufrechterhaltung und Kontrolle der endothelialen Stabilität gerade bei Vorliegen entzündlicher Veränderungen zu sehen.
Der Verlust dieser Barrierefunktion durch die Gefäßinstabilität ist das Merkmal jeder schweren Entzündung und insbesondere auch durch die Covid-19 Infektion. Patienten auf Intensivstationen zeigen im allgemeinen eine sehr hohe Inzidenz von niedrigen Vitamin D Werten und diese waren sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen mit einem schwereren Krankheitsverlauf und einer erhöhten Sterblichkeit verbunden. Es konnte gezeigt werden, dass es durch die hochdosierte Gabe von Vitamin D zu einer verminderten Ausschüttung von entzündungsfördernden Botenstoffen (Interleukinen, TNFα) kommt, die zur Entwicklung einer Sepsis beitragen und zum Multiorganversagen führen können.
Aus diesen Gründen wird von einer Reihe von Autoren die prophylaktische Gabe von Vitamin D im Rahmen des Covid-19 Managements betont, und die Wirkungen von Vitamin D in der Modulation der Immunantwort von Viruserkrankungen haben die Wichtigkeit dafür weiter erhärtet.
Die aktuelle Stellungnahme der DGE vom 11. Januar 2021 bezüglich der aktuellen Studien von Vitamin D und Sars-CoV-2-Infektion kommt demgegenüber in ihrem Fazit zu der Schlussfolgerung, dass die Studiendaten zwar einen potenziellen Zusammenhang zwischen einem niedrigen Vitamin-D-Status und einem erhöhten Risiko für eine SARS-CoV-2-Infektion bzw. für einen schwereren COVID-19-Verlauf vermuten lassen, allerdings die derzeitige Datenlage nicht ausreiche, um einen kausalen Zusammenhang zu belegen. Demnach lägen auch keine Argumente vor, die eine Supplementation von Vitamin D bei Personen mit adäquatem Vitamin-D-Status mit dem Ziel der Prävention einer SARS-CoV-2-Infektion oder der Verringerung des Schweregrades einer COVID-19-Erkrankung begründen können. Ein ausreichender Vitamin D Status wird bei 25-OH-Werten von 20ng/ml gesehen und es wird davor gewarnt eine Gesamtzufuhr an Vitamin D aus allen Quellen von 4000 I.E. am Tag zu überschreiten.
Dieser Sichtweise mangelt es an Logik, Wissenschaft und einer Orientierungshilfe für die Bevölkerung. Die Annahme, dass ein 25-OH-Wert von 20ng/ml als ausreichend für immunologische Wirkungen des Vitamin D angesehen werden kann ist schlicht als falsch zu bezeichnen. Wenn zudem ein potentieller Zusammenhang für möglich gehalten wird, wäre eine logische Schlussfolgerung dahingehend zu treffen, dass eine tägliche Vitamin D Aufnahme von 4000 I.E am Tag als sicher zu bezeichnen ist, und möglicherweise positive Effekte in Bezug auf eine Covid 19 Infektion zeigen kann.