Inhaltsverzeichnis
Struktur und Funktion von Vitamin D
Vitamin D-eines der ältesten Hormone
Vitamin D Stoffwechsel
Vitamin D Quellen
Vitamin D Eigenproduktion durch Sonnenexposition
Vitamin D Aufnahme über die Nahrung
Unterschiede zwischen Vitamin D2 und D3
biologische Funktionen von Vitamin D3
Vitamin 25-OH-Vitamin D als Marker der Vitamin D Versorgung
was sind normale Vitamin 25-OH-Werte beim Menschen?
Grenzwerte für die Vitamin D Versorgung
biologische Funktionen von Vitamin D
Calcium-, und Knochenstoffwechsel
Effekte auf zahlreiche andere Organsysteme
Erklärungsmodelle für zahlreiche Vitamin D Wirkungen
Vitamin D Wirkungen in der Schwangerschaft und Stillzeit
Vitamin D und Atemwegserkrankungen inklusive Covid 19
Vitamin D Status und Mangel weltweit
Ursachen der Vitamin D Mangelversorgung
unzureichende Zufuhr mit der Nahrung
Anreicherung von Nahrungsmitteln mit Vitamin D
nationale und internationale Richtlinien
derzeit gültige Empfehlungen zum Vitamin D Bedarf
Patienten mit Niereninsuffizienz
akute Toxizität von Vitamin D und Hyperkalzämie
25-OH Vitamin D Werte und Gesamtsterblichkeit
Diskrepanz zwischen bestehenden Empfehlungen und Bedarf
generelle Einnahmeempfehlungen
Struktur und Funktion von Vitamin D
Die D Vitamine gehören zur Gruppe der Steroide. Wenn wir von Vitamin D sprechen ist meist das Vit D3 (Cholecalciferol) gemeint. Vitamin D2 (Ergocalciferol) findet sich nur in Pflanzen und Pilzen. Genaugenommen ist es auch kein Vitamin, sondern ein Hormon, da es vom Körper aus der Vorstufe 7-Dehydrocholesterin unter UV-B Strahlung des Sonnenlichtes katalysiert werden kann.
Auch aufgrund seiner vielfältigen Wirkungsweisen in zahlreichen Geweben des Körpers hat Vitamin D eher hormonellen Charakter.

Das Vitamin D abhängige endokrine System spielt die entscheidende Rolle in der Regulation des Knochen-, und Calciumhaushaltes und nach aktuellen Erkenntnissen auch in vielen weiteren extra-skelettalen Bereichen, vor allem im Immunsystem sowie generell in der Kontrolle von Zellwachstum und Differenzierung, da sich Vitamin D Rezeptoren in nahezu allen Zellen des Körpers finden.
Eine wesentliche Bedeutung hat es vor allem während der Schwangerschaft und Stillzeit sowohl für die Entwicklung des Fötus als auch für die mütterliche Gesundheit. Auch wenn sich unser Wissen über Vitamin D in den letzten Jahren deutlich erweitert hat, sind zahlreiche Zusammenhänge immer noch unzureichend erforscht.
Vitamin D-eines der ältesten Hormone
Vitamin D gehört zu den ältesten Hormonen und wurde bereits bei frühen Lebensformen nachgewiesen. Man nimmt an, dass es zusammen mit Parathormon entscheidend in der Evolution der Wirbeltiere dafür war die calciumreiche Umgebung der Ozeane verlassen zu können und die Fähigkeit zu entwickeln das Kollagengerüst mit Hydroxylapatit zu mineralisieren, um damit eine ausreichende Knochenstabilität zu erreichen, um auf dem Land leben zu können.
Die Notwendigkeit zur Vitamin D Produktion war auch der entscheidende Evolutionsfaktor des Menschen hin zur Entwicklung hellhäutiger Hauttypen, als die Vorfahren des modernen Homo sapiens vor ca. 40.000 Jahren von Ostafrika aus begannen, auch in nördliche sonnenarme Regionen nach Europa und Nordamerika vorzudringen um die limitierte Sonnenexposition bestmöglich zu nutzen
Mit Beginn der Industrialisierung kam es bei vielen Kindern in England und auch deutschen Großstädten zu Verformungen des Skelettsystem, was später als Rachitis bezeichnet wurde. Über 250 Jahre war die Ursache unklar, bevor experimentelle Untersuchungen in den 1920er Jahren zeigten, dass sowohl durch Fischöl und Lebertran als auch durch UV Bestrahlung der Körperoberfläche die Krankheit geheilt werden konnte.
Mit der Entdeckung von Ergosterol in Hefen als der Substanz, die antirachitische Eigenschaften nach Bestrahlung besitzt, konnte mittels ergosterol haltiger Milch die Rachitis bis Anfang der 1930er nahezu ausgerottet werden.
Anfang der 1950er Jahre wurden jedoch bei einer Reihe von Kindern in England Entwicklungsmissbildungen beobachtet und es wurde fälschlicherweise angenommen, dass dies mit einer Vitamin D Intoxikation in den angereicherten Nahrungsmitteln zusammenhängen würde, weshalb die Anreicherung von Milch und anderen Nahrungsmitteln umgehend gestoppt wurde.
Es ist jedoch seit den 1970er Jahren bekannt, dass diese Kinder am Williams-Beuren Syndrom, einer seltenen genetischen Erkrankung, litten, die unter anderem auch zu einem gestörten Calciumstoffwechsel führt.
Diese falsche Assoziation wirkt unglücklicherweise jedoch bis heute fort und ist einer der Gründe warum eine adäquate Vitamin Versorgung verhindert wird. Bis auf Schweden und Finnland sowie in Nordamerika erfolgt weiterhin keine generelle Anreicherung von Nahrungsmitteln mit Vitamin D. In Deutschland ist nur die Anreicherung von Margarine erlaubt.
Vitamin D-Stoffwechsel
Vitamin D Quellen
Vitamin D Eigenproduktion durch Sonnenexposition
Es gibt dem Grunde nach 3 Quellen für die Vitamin D Zufuhr. 2 sind natürlich (Sonne und Nahrung), eine künstlich (Nahrungsergänzungsmittel und angereicherte Lebensmittel).
Die Hauptquelle für die Vitamin D Versorgung des Menschen ist aus der Evolution heraus die natürliche Eigensynthese durch tägliche Sonnenexposition. Hierbei wird aus der Vorstufe 7- Deyhdrocholesterol in der Epidermis und Dermis unter UV-B Strahlung (Wellenlänge 290-315nm) über die Vorstufe Provitamin D3 Vitamin D3 gebildet.
Voraussetzung dafür ist jedoch eine Stärke der UVB Strahlung von 18-20mJ/cm2 auf der Haut. Dies wird nördlich bzw. südlich des 40sten Breitengrades in den Wintermonaten nicht erreicht, so dass in dieser Zeit keine Eigenproduktion (endogene Synthese) stattfinden kann.
In Deutschland ist dadurch von Oktober-März bei einem Sonnenstand unter ca. 45 Grad keine Eigensynthese von Vitamin D möglich!
Durch UVB Ganzkörpereinstrahlung können in der Haut unter optimalen Bedingungen im Rahmen der individuellen minimalen Erythemdosis (MED) zwischen 10.000 -25.000 I.E. an Vitamin D synthetisiert werden. Dies kann bei einer hellhäutigen Person bereits innerhalb von 10-15min erfolgen. Eine sensible Sonnenexposition ist daher eine einfache und kostengünstige Möglichkeit auf natürlichem Wege große Mengen an Vitamin D zu erhalten.
Heutzutage wird die Vitamin D Produktion jedoch weitgehend durch die Kleidung und Sonnenschutzmittel verhindert und wir sind generell in einem Großteil zu einer sonnenvermeidenden Gesellschaft geworden, in welcher häufig nur Arme und Gesicht der Sonne ausgesetzt werden, was für eine wesentliche Vitamin D Synthese nicht ausreicht.
Vitamin D Aufnahme über die Nahrung
Vitamin D kann über die Nahrung in 2 Formen aufgenommen werden. Zum einen als Vitamin D2 (Ergocalciferol), welches natürlich nur in Hefen und Pilzen vorkommt und synthetisch durch Bestrahlung aus Ergosterol hergestellt wird.
Neben der Eigensynthese kann Vitamin D3 (Cholecalciferol) auch aus tierischen Lebensmitteln aufgenommen werden und findet sich in nennenswerten Konzentrationen lediglich in Lebertran und Seefisch, Innereien oder Eigelb.
Unterschiede zwischen Vitamin D2 und Vitamin D3
Obwohl es bereits mit Entdeckung der D Vitamine Zweifel an der gleichwertigen Wirksamkeit von Vitamin D2 gab, werden beide Formen bis heute nach wie vor oft als Äquivalent in Bezug auf die biologische Wirksamkeit angesehen.
Während in den USA Vitamin D2 aus historischen Gründen nach wie vor in der Anreicherung von Nahrungsmittel eingesetzt wird und in hochdosierten Vitamin D Präparaten vorkommt hat es in Europa auch in der Vergangenheit keine wesentliche Rolle gespielt und zur ergänzenden Zufuhr wird heute fast ausschließlich Vitamin D3 eingesetzt.
Auch wenn Studien teilweise eine vergleichbare Wirkung in der Erhöhung der 25-OH Vitamin D Werte als Marker der Vitamin D Versorgung gezeigt haben, ist es mittlerweile nachgewiesen, dass die 2 Formen auf Basis internationaler Einheiten (I.E.) nicht als äquivalent angesehen werden können.
Die stärkere biologische Wirksamkeit von Vitamin D3 beruht auf einer höheren Affinität zu Transportproteinen im Blut und damit einer längeren Halbwertszeit sowie einer besseren Bindung an Rezeptoren und einer höheren enzymatischen Umwandlungsrate.
Während Vitamin D2 in der Vergangenheit hauptsächlich von Veganern geschätzt wurde, kann auch Vitamin D3 mittlerweile aus Flechten extrahiert werden und wird nicht mehr ausschließlich aus Lanolin (Wollwachs) von Schafen gewonnen.
Bei der Substitution von Vitamin D sollte heutzutage daher nicht mehr auf Vitamin D2 zurückgegriffen werden, sondern auf das auch durch eigene Synthese im Körper natürlicherweise vorherrschende Vitamin D3. Im Weiteren werden Vitamin D2 und D3 synonym verwendet.
biologische Funktionen von Vitamin D3
In der Vergangenheit haben sich die Forschungen hauptsächlich auf die hormonelle Form des Vitamin D (1,25 OH Vitamin D) und die Vorstufe 25-OH Vitamin D konzentriert und die Rolle der Ausgangssubstanz wurde vernachlässigt.
Das aufgenommene oder endogen gebildete Vitamin D spielt jedoch eine entscheidende Rolle in der direkten Versorgung der meisten Zellen, da es die Zellmembranen aufgrund seiner wesentlich geringeren Proteinbindung mittels Diffusion leichter passieren kann.
Auch wenn es geringe Unterschiede zwischen aufgenommenem und durch UVB Bestrahlung gebildetem Vitamin D gibt, beträgt die Halbwertszeit im Blut lediglich 12-24 Stunden
Eine kontinuierliche Versorgung an Vitamin D kann daher nur über eine regelmäßige Sonnenexposition oder die tägliche Einnahme von Vitamin D über die Nahrung/Supplemente sichergestellt werden, was Voraussetzung dafür ist eine optimale Umgebung für die direkten Wirkungen von Vitamin D auf die umgebenden Zellen (parakrine Funktion) oder innerhalb der Zelle (autokrine Wirkung) zu schaffen.
Die einzigartige Bedeutung des freien Vitamin D wird während der Stillzeit im Vitamin D Gehalt der Muttermilch offenbar.
25-OH-Vitamin D3 Stoffwechsel und Funktion
Nach Resorption im Dünndarm oder über eine direkte Aufnahme über die Lymphwege bzw. körpereigener Bildung wird das im Blut zirkulierende Vitamin D an Protein (Vitamin D bindendes Protein=VDBP) gebunden und hauptsächlich zur Leber transportiert und dort in 25-OH Hydroxycholecalciferol (25-OH Vitamin D oder Calcidiol) umgewandelt. Dieser enzymatische Umwandlungsschritt variiert erheblich und ist neben genetischen Faktoren vor allem abhängig von der Zufuhr an Vitamin D3. Mit der Menge an verfügbarem Vitamin D nimmt dabei auch die Konzentration an 25-OH-Vitamin D kurvlinear zu.
Bei Personen ohne zusätzliche Vitamin D Zufuhr über Nahrungsergänzungsmittel findet man in Europa und Nordamerika durchschnittliche 25- OH Vitamin D Werte von 10ng/ml bis 40ng/ml. Je 100 I.E an zusätzlich zugeführtem Vitamin D3 ist ein Anstieg des 25-OH Spiegels von ca. 0.7-1ng/ml zu beobachten, wobei der Anstieg bei niedrigen 25-OH Werten stärker ausfällt als bei höheren Vitamin D Spiegeln.
Anhand des Anstiegswinkel der Kurve kann die tägliche natürliche Zufuhr abgeschätzt werden, die demnach beispielsweise bei einem 25-OH Vitamin D Spiegel von 20ng/ml ca. 2000 I.E. an Vitamin D3 betragen dürfte. Dies erfolgt unter der Voraussetzung, dass nahezu das gesamte in der Nahrung verfügbare Vitamin D auch aufgenommen wird. Unter einer bestimmten Menge an täglich eingenommenem Vitamin D entwickelt sich nach 3-5 Monaten ein neuer Gleichgewichtswert an 25-OH Vitamin D.

Die bisherige Annahme, dass 25-OH-Vitamin D keine wesentliche eigene biologische Aktivität besitzt wird durch neue Erkenntnisse wiederlegt, in denen diese Form als der entscheidende limitierende Faktor für die lokalen Wirkungen des Vitamin D in verschiedenen Zelltypen angesehen wird und in vielen Geweben und Zellen des Körpers eigenständig gebildet werden kann. Dies kann jedoch nur bei ausreichend hohen Serumwerten an Vitamin D3 erfolgen, da die Versorgung im Gegensatz zu Niere, Nebenschilddrüse, Gehirn und Plazenta-in denen ein aktives Transportsystem zur Verfügung steht (Megalin System)- vorwiegend über den Diffusionsgradienten erfolgt.
Aufgrund seiner längeren Halbwertszeit von ca. 2-3 Wochen wird es zudem bevorzugt zur Bestimmung des Vitamin D Status einer Person verwendet. Es ist bekannt, das chronische Entzündungen die Serumkonzentration von 25-OH Vitamin D senken. Dies beruht auf der Kombination aus einem erhöhten Verbrauch und einem vermehrten Abbau und Ausscheidung.
Auch scheint 25-OH Vitamin D eine wichtige Rolle bei der Speicherung von Vitamin D im Muskelgewebe zu spielen. Studien konnten zeigen, dass regelmäßige körperliche Aktivität die Fähigkeit von Muskelzellen erhöht 25-OH Vitamin D zu speichern. Es ist ebenfalls bekannt, dass übergewichtige Patienten durchschnittlich niedrigere Vitamin 25-OH Werte im Blut aufweisen was mit der höheren potentiellen Speicherkapazität im Fettgewebe in Zusammenhang gebracht wird, was diese Personengruppe besonders anfällig für eine Mangelversorgung macht. Es gibt hingegen keine Beweise, dass es bei Gewichtsabnahme auch zu einer erhöhten Freisetzung von Vitamin D aus dem Fettgewebe kommt.
Der Abbau von Vitamin D bzw. des Hauptmetaboliten 1,25 (OH)2 D erfolgt über 24,25 (OH)2 Vitamin D, welches über die Galle ausgeschieden wird. Das entsprechende Enzym findet sich in allen Geweben, in denen Vitamin D aktiv ist und verhindert eine übermäßige Aktivität des 1,25 (OH)2 Vitamin D. Wenn aufgrund eines seltenen Enzymdefektes dieser Schritt nur unzureichend erfolgt kann es zu einer Hypersensitivität für Vitamin D kommen. Da es hauptsächlich in der Niere zur Bildung von 24,25 OH Vitamin D kommt finden sich bei Patienten mit terminaler Niereninsuffizenz hier sehr niedrige Serumwerte.
Vitamin D-Versorgung
25-OH-Vitamin D als Marker der Vitamin D Versorgung
Während in nahezu allen Fachgesellschaften und Expertenkommissionen Einigkeit darin besteht, dass die Bestimmung der 25-OH-Vitamin D Werte am besten die Vitamin D Versorgung eines Individuums widerspiegelt, existiert bis heute kein einheitlicher Konsens über die optimalen Spiegel von 25-OH Vitamin D.
Die Definition eines solchen Wertes, der ausreichend ist, den gesamten physiologischen Bedarf zu decken und sich nicht nur auf den Knochenstoffwechsel erstreckt, ist jedoch Voraussetzung, um eine kohärente Versorgungsstrategie bezüglich der Vitamin D Versorgung zu entwickeln.
Wa sind normale 25-OH-Vitamin D3 Werte beim Menschen
Wie aber kann man sich den physiologischen Vitamin D Werten annähern?
Vor über 35 Jahren wurde begonnen, an gesunden Individuen den 25-OH Vitamin D Wert im Blut zu bestimmen. Mittels der erhaltenen Gaußschen Normalverteilungskurve wurden daraus „Normwerte“ definiert. Es fiel jedoch bereits damals auf, dass vereinzelte Personen bis zu 2,5-fach höhere Werte aufwiesen. Hier handelte es sich um Personen, beispielsweise Strandwächter in Israel, die den ganzen Tag der Sonne ausgesetzt waren. Diese sonnenexponierte Personengruppe dürfte jedoch den natürlichen Vitamin D Status eher repräsentieren, als die durchschnittliche Bevölkerung, bei denen durch ein sonnenvermeidendes Verhalten eher unterschiedlich ausgeprägte Mangelzustände zu erwarten sind.
Bei der Untersuchung von Populationen, die in einer sonnenreichen Umgebung leben, wie beispielsweise den Massai, findet man daher auch wesentlich höhere durchschnittliche 25-OH Vitamin D Werte zwischen 50-90ng/ml.
25-OH Vitamin D Werte wurden zudem in Beziehung zu verschiedenen Biomarkern im Hinblick auf die Wirkungen von Vitamin D für den Calciumhaushalt und damit des Knochenstoffwechsels, wie Calciumaufnahme, Parathormon Werten und Knochendichte, gesetzt.
Nach diesen Untersuchungen zeigt sich eine ausreichende Versorgung bei 25-OH Vitamin D Werten >32ng/ml. Einen weiteren Anhaltspunkt für eine ausreichende Vitamin D Versorgung liefert die Umwandlungsrate von Vitamin D3 in 25-OH Vitamin D in Abhängigkeit von der zugeführten Menge. Auch hier zeigt sich erst bei Werten >40ng/ml an 25-OH Vitamin D eine weitgehende Sättigung in der Metabolisierung, d.h. dass hier ausreichende Mengen an Vitamin D3 vorliegen und die enzymatische Umwandlung nicht limitiert wird. Demgegenüber wird bei 25-OH Vitamin D Werten < 40ng/ml nahezu die gesamte Menge an verfügbarem D3 direkt verbraucht, was sich insbesondere im niedrigen Vitamin D Gehalt der Muttermilch auswirkt. Zudem kommt den Serum Werten an Vitamin D3 eine entscheidende biologische Funktion in der direkten Versorgung der verschiedenen Zellen zu.
Erschwert wird eine Festlegung ausreichender Vitamin D Werte auch dadurch, dass bis heute keine einheitliche standardisierte labortechnische Messmethode existiert, so dass die Genauigkeit der Messwerte zwischen den Laboren erheblich differieren können. In der Beurteilung der 25 OH Vitamin D Werte muss auch die Einheit berücksichtigt werden. Vielfach werden die Werte in nmol/L angegeben. Der Umrechnungsfaktor in ng/ml beträgt hier 2.5 (für die Umrechnung von nmol/l in ng/ml teilt man den Wert durch 2,5).
Grenzwerte für die Vitamin D Versorgung
Es herrscht ein breiter Konsens darin, dass Vitamin D 25-OH Werte von < 12ng/ml als schwerer Mangelzustand anzusehen sind und in allen Altersgruppen vermieden werden sollten, da bei diesen niedrigen Werten das Risiko von Rachitis und Osteomalazie erhöht ist. Diese Sichtweise wird sowohl vom Institut of Medicine (IOM) als auch von der European Foods Safety Authorization (EFSA)als den großen internationalen Gesundheitsorganisationen geteilt.
Von diesen Institutionen wird eine ausreichende Vitamin D Versorgung bei Werten von >20ng/ml angenommen, d.h. für 97.5% der Personen in der allgemeinen Bevölkerung liegt hier eine ausreichende Versorgung in Bezug auf die Knochengesundheit vor. Diese Sichtweise wird auch von der deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) und dem Robert-Koch Institut (RKI) geteilt.
Andere Fachgesellschaften und viele Experten sehen eine ausreichende Versorgung erst bei Werten von >30ng/ml als gesichert an. Dies wird anhand zahlreicher Biomarker begründet. Erst bei Werten zwischen 30-40ng/dl kommt es zu einem Abfall des Parathormon Spiegels und einer ausreichenden Calciumaufnahme aus dem Darm, so dass Anhand dieser Parameter erst ab diesen Spiegeln von ausreichenden Werten bezüglich der Regulation des Calciumhaushaltes bzw. der Knochengesundheit gesprochen werden kann. In einer großen Studie zeigte sich auch eine Assoziation der Knochendichte mit zunehmenden 25-OH Vitamin D Werten, als Grenzwert wurden auch hier Werte von >30mg/ml definiert. Auch im Hinblick auf die Prävention von Frakturen zeigen sich die höchste Wirksamkeit bei Werten zwischen 30-40ng/ml. Bei Werten zwischen 20ng/ml bis 30ng/ml liegt demnach ein relativer Mangel vor, der sich aber nicht zwingend in Symptomen zeigen muss.
Legt man diese Definition zugrunde wird die Zahl der Menschen weltweit mit einem Mangel an Vitamin D auf mehr als 1 Milliarde geschätzt.

Werte zwischen 30-60ng/ml werden daher von den meisten internationalen Experten und einigen Fachorganisation als wünschenswert angesehen. Diese berücksichtigen vor allem die vielfachen Hinweise aus Observations-, und epidemiologischen Studien auf die extra skelettalen Effekte von Vitamin D hinsichtlich der Reduktion von zahlreichen Krankheitsrisiken bezüglich der Krebsentstehung, Infektabwehr, autoimmuner, kardiovaskulärer und neurodegenerativer Erkrankungen.
Diese Werte sind zudem physiologisch aus der Evolution entstandenen und werden auch heute noch bei Naturvölkern mit einer regelmäßigen täglichen Sonnenexposition gefunden.
Ein 25-OH Vitamin D Wert bis 100ng/ml wird sowohl für Kinder als auch Erwachsene generell als sicher angesehen, solange keine Hypersensitivität für Vitamin D vorliegt. Dies kann bei Personen mit idiopathischer infantiler Hyperkalzämie, Williams-Beuren Syndrom, granulomatösen Erkrankungen oder bestimmten Lymphomen zutreffen. Allerdings sollte beachtet werden, dass höhere Werte als im physiologischen Bereich nicht als Allheilmittel zur Senkung des Mortalitätsrisikos oder bei der Behandlung verschiedener Erkrankungen angesehen werden können und dass Vorsicht angebracht ist höhere Dosen als empfohlen einzunehmen, solange kein nachgewiesener Vitamin D Mangel besteht. Das RKI sieht bereits Werte >50ng/ml als Überversorgung an und weist auf die entsprechenden Risken hin.
Bei Werten von > 150ng/dl ist von einer Vitamin D Überdosierung auszugehen. Diese Werte können auf natürlichem Wege nicht erreicht werden und sind sehr selten. Die erforderlichen Dosen liegen hier bei 40.000 IE Vitamin D täglich. Ein Schwellenwert für eine Vitamin D Intoxikation, bei der es zur Hyperkalzämie mit den entsprechenden Symptomen kommt, wurde bis heute jedoch nicht definiert.
biologische Funktionen von Vitamin D
Wenn man die biologischen Wirkungen des Vitamin D betrachtet, muss zwischen der endokrinen Funktion in der Aufrechterhaltung und Regulation der Calcium-, Phosphat Regulation und damit des Knochenstoffwechsels und den vielfältigen autokrinen direkten hormonellen Wirkungen in nahezu allen Geweben des Körpers unterschieden werden.
Hierüber besteht nach wie vor eine große Kontroverse und viele Zusammenhänge und Wirkungsweisen sind nach wie vor Gegenstand der Forschung. Es ist jedoch offensichtlich, dass Vitamin D eine wichtige Rolle in der Immunregulation des Körpers spielt, was sich in den zahlreichen (Auto-)Immun-, und Infektionserkrankungen zeigt, die mit niedrigen Vitamin D Werten assoziiert sind.
Calcium und Knochenstoffwechsel
Der hormonell aktive Metabolit von Vitamin D für den Knochenstoffwechsel ist vor allem das 1,25 (OH)2D (Calcitriol) welches hauptsächlich in der Niere gebildet wird und entscheidend an der Regulierung des Calcium-Phosphathaushaltes und damit der Knochenmineralisation beteiligt ist, sowie ebenfalls das weniger erforschte 24,25 (OH)2D, welchem eine wichtige Rolle bei der Heilung von Knochenbrüchen und dem Knorpelstoffwechsel zugeschrieben wird.
Vitamin D in der Form des 1,25 (OH)2 D ist primär dafür verantwortlich den Calciumspiegel im Blut konstant zu halten. Bei einem Abfall der Calciumkonzentration im Plasma wird aus der Nebenschilddrüse Parathormon freigesetzt. Dadurch kommt es zur vermehrten Bildung von 1,25 (OH)2und zu einer verstärkte Calcium-, und Phosphataufnahme aus dem Dünndarm, sowie zu einer gesteigerten Rückresorption in den Nieren und einer Aktivierung der Osteoklasten, was initial auch zur Kalziumfreisetzung aus dem Knochen führt. Die Knochenmineralisation wird durch 1, 25 (OH)2 D indirekt gefördert, indem genug Calciumphosphat für die Mineralisation des Knochenkollagens bereitgestellt wird.
Bei einem Vitamin D Mangel beträgt die Aufnahme von Calcium aus dem Darm nur ca. 10-15%, welche sich auf 30-40% erhöht sobald eine ausreichende Vitamin D Versorgung erreicht wird. Daneben wird die Bildung von Osteocalcin gefördert, als wichtigstem Nichtkollagen Protein des Knochens. Vitamin D spielt demnach zusammen mit Parathormon und Wachstumsfaktoren eine entscheidende Rolle in der Aufrechterhaltung eines adäquaten Calcium-Phosphatspiegels und damit für das Knochenwachstum und die Knochenmineralisation.
Das bekannteste Mangelbild bei Vitamin D ist die Rachitis bei Kindern bzw. die Osteomalazie beim Erwachsenen. Während die Rachitis in den westlichen Ländern durch eine konsequente Vitamin D Prophylaxe weitgehend verschwunden ist, kommt sie in Staaten des mittleren Ostens und in Asien weiterhin endemisch vor.
Durch einen Mangel an Vitamin D wird bei der Rachitis die endochondrale Knochenbildung durch die ungenügende Differenzierung der Knorpelzellen gestört. Dadurch kommt es zu Verformungen der langen Röhrenknochen sowie zu Schädelfehlbildungen. Beim Erwachsenen kommt es durch den Kalziummangel aufgrund der fehlenden Resorption im Darm zu einer Entmineralisierung des Knochens. Dies äußert sich häufig in diffusen und bohrenden Knochenschmerzen. Oft findet sich eine Muskelschwäche und ein chronisches Müdigkeitssyndrom. Diese Effekte werden über direkte und indirekte Mechanismen auf zellulärer Ebene sowohl über Vitamin D als auch über die aktiven Metabolite vermittelt.
Die vermehrte Bildung von 1α, 25 (OH)2 D führt zu einem sekundären Hyperparathyreoidismus mit Phosphaturie (vermehrte Phosphatausscheidung) und einem inadäquatem Kalziumphosphatprodukt. Diese Krankheitsbilder stellen sozusagen die Spitze des Eisberges eines Vitamin D Mangels dar, bei dem es zur Aufrechterhaltung des Kalziumspiegels im Blut zur Freisetzung aus dem Knochen kommt.
Calcium ist das Hauptmineral im Knochen und dient dabei gleichzeitig als Reservoir um die Calciumkonzentration im Blut konstant zu halten. Der wichtigste Regulator der Calciumkonzentration ist dabei Vitamin D.
Die Osteoporose ist die global häufigste altersabhängige systemische Skeletterkrankung, die durch eine niedrige Knochenmasse in Verbindung mit einer erhöhten Knochenbrüchigkeit gekennzeichnet ist. Sie ist die häufigste Ursache pathologischer Frakturen beim älteren Menschen. Die Prävalenz der Osteoporose wird in Deutschland für Frauen über 50 mit 24 % angegeben; bei Männern beträgt diese 6 %. Weltweit findet sich bei ca.1/3 der Frauen zwischen 60-70 Jahren eine Osteoporose, bei Frauen über 80 Jahren bei zwei Dritteln. Das Risiko eine osteoporotische Fraktur im Leben zu erleiden beträgt bei Frauen über 50 Jahren 47%, für Männer 22%.
Bei osteoporotischen Patienten führt ein Vitamin D Mangel zu einer verstärkten Ausschüttung von Parathormon aus den Nebenschilddrüsen. Durch diesen sekundären Hyperparathyreoidismus kommt es im Nettoeffekt zu einer zunehmenden Demineralisation des Knochengewebes durch die vermehrte Bildung von 1, 25 (OH)2D und einen erhöhten Turnover im Knochengewebe durch bisher nicht genau geklärte Mechanismen.
Auch wenn es nach wie vor Gegenstand von Diskussionen ist, ob Calcium und Vitamin D die Knochendichte erhöhen und das Risiko osteoporotischer Frakturen senken können gibt es vielversprechende epidemiologische Daten die einen Zusammenhang zwischen Knochendichte und Vitamin D Spiegeln zeigen.
In Metaanalysen wurde hierbei ein Spiegel von 30-40ng/dl an 25-OH Vitamin D identifiziert, bei dem das Frakturrisiko signifikant reduziert werden konnte. Die bisherigen widersprüchlichen Studienergebnisse sind möglicherweise auch darauf zurückzuführen, dass positive Effekte nur nachweisbar sind, wenn eine ausreichende Anhebung der Vitamin D Werte erfolgt.
Effekte auf zahlreiche andere Organsysteme
Erklärungsmodelle für Vitamin D Wirkungen
Zahlreiche Untersuchungen zeigen eine Assoziation zwischen dem Auftreten bestimmter autoimmuner Erkrankungen wie Diabetes mellitus, multipler Sklerose, Asthma und verschiedenen Krebsarten und dem Wohnort oberhalb (unterhalb) des 35ten Breitengrades.
Die Vermutung liegt nahe, dass dies mit der verminderten bzw. fehlenden Eigensynthese an Vitamin D und dem daraus erhöhtem Risiko einer resultierenden Mangelversorgung assoziiert ist. Auch ist mittlerweile bekannt, dass fast alle Gewebe und Zellen des Menschen einen Rezeptor für Vitamin D besitzen und auch viele Zellen 1,25 (OH)2D durch lokale Faktoren produzieren können, was unabhängig von der Calciumkonzentration erfolgt.
Es gibt Hinweise darauf, dass bis zu 90% des verfügbaren Vitamin D3 für spezifische autokrine (örtliche) Stoffwechselprozesse verbraucht werden. Durch diese Mechanismen werden abhängig von Vitamin D Spiegel bis zu 2000 Gene für den Stoffwechsel aktiviert und reguliert, d.h. Vitamin D nimmt insbesondere Einfluss auf unsere Genexpression.
Eine hohe Anzahl an Rezeptoren für Vitamin D findet sich vor allem in Zellen des Immunsystems, in Lunge und Pankreas, im kardiovaskulären-, und urogenitalem System sowie im zentralen Nervensystem (ZNS).
Durch diese direkten epigenetischen Vitamin D Wirkungen werden die Proteinsynthese sowie die Zelldifferenzierung und das Zellwachstum (Proliferation) gesteuert. Es zeigen sich jedoch selbst bei gleichen Vitamin D Werten erhebliche Unterschiede in der Genregulation bei verschiedenen Individuen, was zu der Annahme geführt hat, dass bestimmte Personen stärker von einer Vitamin D Zufuhr profitieren bzw. unterschiedliche Dosierungen und Wirkspiegel benötigt werden, um spezifische Effekte zu erzielen.
Neue Studien zeigen zudem, dass vor allem Vitamin D3 über einen direkten nichtgenetischen Mechanismus als äußerst effektiver Endothelstabilisator wirkt und das Auftreten von „Gefäßlecks“, die das Kennzeichen von zahlreichen chronisch entzündlichen Erkrankungen sind, verhindern kann. Diese Eigenschaften können die zahlreichen Gesundheitswirkungen, die mit Vitamin D in Verbindung gebracht werden, erklären helfen.
Es ist zudem wahrscheinlich, dass Vitamin D zudem zu den unverzichtbaren Substanzen in der perinatalen Entwicklung des Menschen (ähnlich wie Iod und Folsäure) gehört. Bei einer Mangelversorgung in dieser kritischen Entwicklungsphase können dabei die Grundlagen für verschiedene (autoimmune) Erkrankungen wie Asthma und multiple Sklerose im Kindes-, und Erwachsenenalter gelegt werden (Barker-Hypothese).
Wirkungen von Vitamin D in der Schwangerschaft und Stillzeit
Während der Schwangerschaft kommt es zu einer auffälligen Besonderheit im Vitamin D Stoffwechsel. Ab der 12. Schwangerschaftswoche steigen die 1,25 OH Vitamin D Werte auf das 2-3fache an. Dieser Anstieg ist sowohl bei der Mutter als auch beim Fetus zu beobachten und ist abhängig von einer ausreichenden Verfügbarkeit an 25-OH Vitamin D.
Neue Erkenntnisse lassen vermuten, dass dies hauptsächlich auf die immunmodulatorischen Wirkungen von Vitamin D zurückzuführen ist, die die mütterliche Toleranz gegenüber dem Fetus beeinflussen, und nicht wie ursprünglich angenommen zur besseren Calciumversorgung dient. Dies zeigt sich auch daran, dass die Werte während der Stillzeit auf ihr ursprüngliches Ausgangsniveau zurückgehen. Die Versorgung des Fötus mit Vitamin D erfolgt während der Schwangerschaft über den Gehalt an 25-OH-Vitamin D im mütterlichen Blut. Auch in der Plazenta findet sich ein aktives Transportsystem ähnlich wie in der Niere.
Zahlreiche Observationsstudien haben die Vitamin D Versorgung der Mutter mit dem Auftreten von Präklampsie und Kaiserschnitt, Risiko von Frühgeburten und Infektion sowie der Gehirn-, und Atemwegsfunktion des Kindes in Verbindung gebracht. Diese positiven Wirkungen werden von keiner pharmakologischen Substanz erreicht.
Immunsystem
Die Bedeutung von Vitamin D in der Regulation des angeborenen und erworbenen Immunsystem spiegelt sich in einer hohen Dichte an Vitamin D Rezeptoren in nahezu allen immunkompetenten Zellen (B und T-Lymphozyten, Makrophagen) wieder, welche für die positiven Effekte bei der Abwehr von Bakterien und Viren, sowie von chronischen Entzündungen verantwortlich gemacht werden.
Die Effekte sind dabei äußerst komplex, führen jedoch in der Summe zu einer eher dämpfenden Reaktion des angeborenen unspezifischen Immunsystems und verhindern eine unkontrollierte Immunreaktion. Gleichzeitig werden antimikrobielle und Endotoxin bindende Proteine (Cathelicidine) gebildet, die eine potente Aktivität gegen eine Vielzahl an Erregern wie Bakterien, Viren und Pilzen zeigen und sich vor allem im Schleimhautgewebe von Lunge, Darm, und im Harntrakt finden.
Diese protektiven Wirkungen des Vitamin D sind gerade in der aktuellen pandemiegeprägten Covid-19 Zeit von besonderem Interesse.
Vitamin D und Atemwegserkrankungen inklusive Covid-19
Die positiven Effekte von Vitamin D bei Lungenerkrankungen wie Asthma und Bronchitis sind wissenschaftlich gut belegt und lassen sich auf die immunmodulierenden und entzündungshemmenden Effekte sowie die Steigerung der körpereigenen Abwehrkräfte durch Vitamin D zurückführen.
Dies geschieht durch eine verminderte Ausschüttung von entzündungsfördernden Zytokinen sowie der Aktivierung von Abwehrzellen (Monozyten und Makrophagen) mit einer vermehrten Produktion von antimikrobiellen Substanzen (Cathelicidin). Eine Metaanalyse konnte zeigen, dass die prophylaktische Vitamin D Gabe, die am besten auf täglicher Basis erfolgt, die Häufigkeit von Infektionen der Atemwege reduziert.
Auch die Beziehung zwischen Vitamin D Werten und dem Auftreten der saisonalen Influenza und Tuberkulose sowie anderen infektiösen Atemwegserkrankungen ist seit langem bekannt. Bei Asthmatikern kommt es zu einer Verringerung des Lungenwiderstandes durch Beeinflussung der glatten Muskelzellen in den Atemwegen.
Wenig überraschend haben seit Beginn der Coronavirus Pandemie im Frühjahr 2020 eine Vielzahl von Untersuchungen auch eine Korrelation zwischen einem schweren Krankheitsverlauf und niedrigen Vitamin D Werten nachgewiesen.
Typischerweise führen die Coronaviren zu einer Infektion der oberen-, manche wie das SARS-CoV-2 (COVID-19) Virus auch zur Infektion der unteren Atemwege und können hier in Kombination mit der Immunantwort des Wirtes eine schwere Entzündung mit Ausbildung eines Lungenversagens im Sinne eines ARDS (aquired respiratory distress syndrom) bewirken. Weiterhin kann es durch eine unkontrollierte Immunantwort zur Freisetzung eines entzündungsfördernden Cytokin Sturmes mit Ausbildung einer Sepsis und zum Multiorganversagens kommen. Dies ist bei 38% der Infizierten die Haupttodesursache bei einem schweren Verlauf der Coronaerkrankung.
Auf zellulärer Ebene kommt es durch die ausgeprägte Entzündung zur massiven Destruktion von Lungenalveolen und Ausbildung eines Lungenödems, wodurch der Gasaustausch zum Erliegen kommt. Die Behandlung der Covid-19 Infektion beschränkt sich bis heute weiterhin auf unterstützende Maßnahmen, da keine wirksamen Medikamente zur Verfügung stehen.
Die protektiven Wirkungen von Vitamin D bei einer Covid 19 Infektion beruhen in der Summe auf einer Abschwächung der verstärkten und persistierenden Entzündungsreaktion des angeborenen Immunsystems sowie einer kontrollierten und angepassten Immunantwort des zellulären (erworbenen) Immunsystems.
Eine entscheidende Rolle ist auch in der direkten Wirkung von sowohl Vitamin D3 als auch der Metaboliten 25-OH Vitamin D und 1,25 OH Vitamin D in der Aufrechterhaltung und Kontrolle der endothelialen Stabilität gerade bei Vorliegen entzündlicher Veränderungen zu sehen.
Der Verlust dieser Barrierefunktion durch die Gefäßinstabilität ist das Merkmal jeder schweren Entzündung und insbesondere auch durch die Covid-19 Infektion. Patienten auf Intensivstationen zeigen im allgemeinen eine sehr hohe Inzidenz von niedrigen Vitamin D Werten und diese waren sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen mit einem schwereren Krankheitsverlauf und einer erhöhten Sterblichkeit verbunden. Es konnte gezeigt werden, dass es durch die hochdosierte Gabe von Vitamin D zu einer verminderten Ausschüttung von entzündungsfördernden Botenstoffen (Interleukinen, TNFα) kommt, die zur Entwicklung einer Sepsis beitragen und zum Multiorganversagen führen können.
Aus diesen Gründen wird von einer Reihe von Autoren die prophylaktische Gabe von Vitamin D im Rahmen des Covid-19 Managements betont, und die Wirkungen von Vitamin D in der Modulation der Immunantwort von Viruserkrankungen haben die Wichtigkeit dafür weiter erhärtet.
Die aktuelle Stellungnahme der DGE vom 11. Januar 2021 bezüglich der aktuellen Studien von Vitamin D und Sars-CoV-2-Infektion kommt demgegenüber in ihrem Fazit zu der Schlussfolgerung, dass die Studiendaten zwar einen potenziellen Zusammenhang zwischen einem niedrigen Vitamin-D-Status und einem erhöhten Risiko für eine SARS-CoV-2-Infektion bzw. für einen schwereren COVID-19-Verlauf vermuten lassen, allerdings die derzeitige Datenlage nicht ausreiche, um einen kausalen Zusammenhang zu belegen. Demnach lägen auch keine Argumente vor, die eine Supplementation von Vitamin D bei Personen mit adäquatem Vitamin-D-Status mit dem Ziel der Prävention einer SARS-CoV-2-Infektion oder der Verringerung des Schweregrades einer COVID-19-Erkrankung begründen können. Ein ausreichender Vitamin D Status wird bei 25-OH-Werten von 20ng/ml gesehen und es wird davor gewarnt eine Gesamtzufuhr an Vitamin D aus allen Quellen von 4000 I.E. am Tag zu überschreiten.
Dieser Sichtweise mangelt es an Logik, Wissenschaft und einer Orientierungshilfe für die Bevölkerung. Die Annahme, dass ein 25-OH-Wert von 20ng/ml als ausreichend für immunologische Wirkungen des Vitamin D angesehen werden kann ist schlicht als falsch zu bezeichnen. Wenn zudem ein potentieller Zusammenhang für möglich gehalten wird, wäre eine logische Schlussfolgerung dahingehend zu treffen, dass eine tägliche Vitamin D Aufnahme von 4000 I.E am Tag als sicher zu bezeichnen ist, und möglicherweise positive Effekte in Bezug auf eine Covid 19 Infektion zeigen kann.
Autoimmunerkrankungen
Insbesondere 2 schwerwiegenden Autoimmunerkrankungen zeigen eine Verbindung mit Vitamin D: multiple Sklerose (MS) und Diabetes mellitus Typ I.
Bei der MS kommt es durch eine Fehlregulation der Immunzellen zu einer chronischen Entzündung im Zentralnervensystem mit Zerstörung hauptsächlich der Ummantelung (Myelinscheiden) der Nervenfortsätze. Es ist lange bekannt, dass die MS gehäuft oberhalb des 37ten Breitengrades vorkommt. Epidemiologische Untersuchungen zeigen zudem einen Zusammenhang zwischen dem Geburtsort und dem Geburtsmonat mit einer erhöhten Inzidenz von MS im April und Mai und einem erniedrigten Risiko im Oktober und November. Diese Beobachtung ist wahrscheinlich auf immunmodulatorische Effekte der Sonne durch die UVB Strahlung in Verbindung mit dem Vitamin D Status der Mutter im letzten Drittel der Schwangerschaft zurückzuführen.
Aber auch die Vitamin D Versorgung im Kindes-, und Jugendalter scheint eine wichtige Rolle zu spielen. So nahm das Risiko an multipler Sklerose zu erkranken in einer Studie um über 40% je Anstieg der 25-OH Vitamin D Werte um 20ng/ml ab, nach Möglichkeit sollten die Werte über 40ng/ml liegen. Auch zeigten Frauen die täglich 400 I.E. zu sich nahmen ein 42% geringeres Risiko an multipler Sklerose zu erkranken. Auch wenn es als gesichert gelten kann, das Risiko einer MS Erkrankung durch ausreichende Vitamin D Spiegel senken zu können, sind die Ergebnisse in der Behandlung -teilweise auch mit extrem hohen Dosen (Coimbra Protokoll) widersprüchlich und ein eindeutiger Effekt konnte bisher nicht nachgewiesen werden.
Auch die Assoziation von Vitamin D und dem Auftreten von Diabetes mellitus Typ I ist lange bekannt. Eine bemerkenswerte Studie wurde an finnischen Kindern durchgeführt. Hier erhielten über 10.000 Kinder in ihrem ersten Lebensjahr 2000 I.E Vitamin D. Nach 31 Jahren hatten sie ein 81% vermindertes Risiko an Diabetes mellitus Typ I zu erkranken. Finnland ist das Land mit der höchsten Inzidenz von Diabetes mellitus Typ I weltweit.
Auch wenn die genauen Mechanismen bisher nicht bekannt sind, wird durch Vitamin D die Produktion von Autoantikörpern gegen die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse vermindert. Bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ I führt die Gabe von Vitamin D daher zu einer geringeren Aktivität der Erkrankung und einer Verringerung der benötigten Insulindosis.
Krebserkrankungen
Die Ultraviolet B (UVB) Vitamin D -Krebshypothese geht auf ökologische Beobachtungsstudien zurück, wonach die jährliche Sonnenexposition und insbesondere die UVB Exposition mit einer geringeren Häufigkeit von zahlreichen Krebsarten (vor allem Dickdarm-, und Brustkrebs) verbunden ist.
Kein anderer Mechanismus als die Vitamin D Produktion wurde bisher dafür verantwortlich gemacht. Diese Hypothese wird von einer Reihe von prospektiven Observationsstudien bestätigt, die eine Assoziation von Vitamin D Werten und einem reduzierten Krebsrisikos nahelegen.
In einer kürzlich erschienenen Metaanalyse konnte mittlerweile ein Zusammenhang zwischen Vitamin D Einnahme und der Sterblichkeit bei verschiedenen Krebserkrankungen nachgewiesen werden. Auch wenn die allgemeinen immunmodulatorischen Wirkungen und der Einfluss auf die Zelldifferenzierung von Vitamin D und den verschiedenen Metaboliten lange bekannt sind, bleiben die genauen molekularen Wirkungsweisen bislang unklar und verhindern eine breitere Akzeptanz von Vitamin D in der Krebstherapie.
Um die vermuteten gesundheitsfördernden Wirkungen von Vitamin D bei malignen Erkrankungen auch in Interventionsstudien nachweisen zu können, werden von Epidemiologen 25-OH Werte von 30-60ng/ml für notwendig erachtet.
Prostatakarzinom
Das Prostatakarzinom gehört zu den 5 häufigsten Krebsarten und ist der häufigste beim Mann. Er zeigt eine ausgeprägte biologische Heterogenität und Epidemiologie. Die höchsten Inzidenzen finden sich in Industriestaaten, hier wird bei jedem 6. Mann im Laufe des Lebens ein Prostatakrebs diagnostiziert, aber nur jeder 36. verstirbt daran. Als Risikofaktoren wurden neben genetischen Faktoren und dem Alter auch Lebensstilfaktoren (vor allem Rauchen, Übergewicht und mangelnde körperliche Aktivität) identifiziert.
Aufgrund der langen Beobachtungszeit bei vielen indolenten Verlaufsformen eigen sich diese besonders zur Untersuchung der Tumorprogression in Abhängigkeit von verschiedenen Variablen. So konnte beispielsweise durch die tägliche Zufuhr von 4000 I.E. an Vitamin D über 1 Jahr bei Patienten mit niedrig malignem Prostatakarzinom die Anzahl positiver Stanzbiopsien in über der Hälfte der Fälle reduziert werden. Nebenwirkungen traten in keinem Fall auf.
Dickdarmkrebs
Das Risiko an einem Dickdarmkarzinom zu erkranken ist auf vielfältige Weise mit Vitamin D verbunden.
Auch bei dieser Krebsart gibt eine klare Abhängigkeit vom Breitengrad und den 25-OH Vitamin D Werten. Durch die ergänzende Zufuhr von Vitamin D konnte das Risiko in einer Reihe von Observationsstudien gesenkt und eine verminderte Proliferation der Darmepithelzellen beobachtet werden.
Als optimale Serum 25-OH Vitamin D Werte zur Prävention gelten auch hier Spiegel von >30ng/ml.
Herz-Kreislauferkrankungen
Mehrere experimentelle Studien haben positive Effekte von Vitamin D auf den Blutdruck gezeigt. Diese beruhen auf einer Regulation des Renin-Angiotensin-Aldosteron Systems, sowie auf schützende Effekte der Gefäßinnenwände und einer Verringerung des Gefäßwiderstandes durch Beeinflussung der glatten Muskelzellen. Auch in klinischen Verlaufsstudien konnte ein inverser Zusammenhang zwischen Vitamin D Werten und Blutdruckwerten beobachtet werden.
Diese Wirkungen konnten in Interventionsuntersuchungen jedoch bis heute nicht eindeutig nachgewiesen werden. Dies gilt noch mehr hinsichtlich des Risikos von Herzinfarkten und Schlaganfällen, so dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Vitamin D und Herzkreislauferkrankungen widersprüchlich bleibt und auf dieser Grundlage keine zusätzliche Substitution, die über den offiziellen Richtlinien liegt, von den entsprechenden Fachgesellschaften ausgesprochen wird.
Bewegungsapparat
Vitamin D spielt neben dem Knochenstoffwechsel auch eine wesentliche Rolle in der Muskelentwicklung-, und Funktion. Das klinische Bild eines Vitamin D Mangels ist beim Erwachsenen und vor allem bei älteren Patienten oft unspezifisch mit diffusen Muskel-, und Knochenschmerzen sowie proximaler Muskelschwäche und Gangstörungen.
Zahlreiche Studien haben sich mit dem Einfluss von Vitamin D auf die Häufigkeit von Sturzereignissen bei älteren Patienten und damit auf das Frakturrisiko befasst. In einer Metaanalyse zeigte sich, dass das Risiko dosisabhängig um bis zu 25% vermindert werden konnte. Diese Effekte zeigten sich jedoch erst bei 25-OH-Werten von ca.30- 40ng/ml und erforderten eine tägliche zusätzliche Einnahme von 1800 I.E-4000 I.E Vitamin täglich.
Ein erhöhtes Risiko einer Hyperkalzämie fand sich nicht. Aufgrund dieser Untersuchungen wird klar, dass es keine Gründe dafür gibt, nicht mindestens 25-OH Vitamin D Werte von 30ng/ml anzustreben, aber dass es erhebliche Risiken vor allem in Bezug auf die Fraktur-, und Sturzgefahr beim älteren Menschen gibt, wenn die Werte darunter liegen.
Zahngesundheit
Karies und Parodontitis sind die häufigsten Krankheiten der Mundhöhle und haben multifaktorielle Ursachen. Analog zur Knochenmineralisation spielt Vitamin D auch für die Zahnentwicklung beim Kind eine entscheidende Rolle. Eine Minderversorgung kann hier zum „rachitischen Zahn“ in Form einer MIH (molar incisior hypomineralisation) führen. Voraussetzung für eine reguläre Zahnentwicklung ist bereits in der Fetalperiode eine ausreichenden Vitamin D Versorgung der Mutter, um spätere Schmelzdefekte zu vermeiden.
Neben Umgebungsfaktoren wie zuckerreicher Nahrung, kariogenen Bakterien und schlechter Mundhygiene spielt auch der Vitamin D Status eine Rolle in der Häufigkeit von Karies bei Kindern. Die Wirkungen werden hauptsächlich mit einer besseren Immunregulation und Bakterieneradikation erklärt.
Auch die Parodontitis ist eine komplexe mikrobielle Erkrankung mit Plaquebildung und chronischer Entzündung. Sie ist die 6. häufigste nicht übertragbare Erkrankung weltweit mit hohen sozioökonomischen und systemischen Auswirkungen. Es kann mittlerweile als gesichert gelten, dass die Parodontitis einen unabhängigen Risikofaktor für die kardiovaskuläre Mortalität darstellt. Als Mechanismen werden oxidativer Stress durch die chronische Entzündung und Bakteriämie angeführt.
Vitamin D wirkt hier ebenfalls entzündungshemmend über die Aktivierung des körpereignen antimikrobiellen Proteins Cathelicidin direkt im Zahnhalteapparat.
Vitamin D Mangelversorgung
Der Vitamin D Mangel ist ein globales Gesundheitsproblem und findet sich in nahezu jedem Land der Erde mit negativen Auswirkungen auf die Gesundheit und Entwicklung von Kindern und Erwachsenen weltweit. Der Hauptgrund liegt nach wie vor in einem fehlenden individuellen und öffentlichen Bewusstsein dieses Mangels.
Gleichzeitig gehört Vitamin D zu den kostengünstigsten Mikronährstoffen, die die menschliche Gesundheit insgesamt verbessern könnten.
Wäre Vitamin D eine pharmakologische Substanz könnte damit ein Milliardenumsatz generiert werden.
Vitamin D Status und Mangel weltweit
Zahlreiche Untersuchungen haben sich mit der Vitamin Versorgung in verschiedenen Ländern und Populationsgruppen beschäftigt. Die Vergleichbarkeit ist jedoch aufgrund der unterschiedlichen Messmethoden mit Einschränkungen zu versehen.
Die letzten Untersuchungen in Europa zeigten bei 40.4% der Personen in der allgemeinen Bevölkerung 25-0H Vitamin D Werte von <20ng/ml, bei 13% sogar von <12ng/ml. Für die USA betrugen die Werte 26% bzw. 6.7%. Studien an Kindern und Jugendlichen in Italien und den USA zeigten ebenfalls bei bis zu 46% der Heranwachsenden Vitamin 25 OH D Werte von <20ng/ml.
In vielen Entwicklungsländern und auch Ländern des Nahen Ostens ist die Versorgungssituation noch prekärer mit einem Anteil von 30-90% an Personen mit einem Vitamin D Mangel.
Innerhalb von Europa zeigen sich ebenfalls deutliche regionale Unterschiede mit einer durchweg besseren Versorgungssituation in den nordischen Ländern aufgrund der dortigen Anreicherung von Nahrungsmitteln mit Vitamin D.
Untersuchungen für Deutschland zeigten, dass im Winter bei bis zu 25% der Personen Vitamin D Werte von < 12ng/ml und bei weiteren 50% von <20mg/dl vorgelegen haben. Ältere Patienten waren dabei besonders schlecht versorgt.
Das RKI fand bei Erwachsenen nur bei 44% Vitamin D Werte von >20ng/ml, bei Kindern und Jugendlichen betrug der Anteil 54%. Auch wenn eine einmalige Messung unsicher ist und die Vitamin D Werte einer saisonalen Abhängigkeit unterliegen, deuten die Daten auch für Deutschland auf einen weit verbreiteten Vitamin D Mangel hin.
Die deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) sieht dennoch keine generelle Mangelsituation bei einem Großteil der Bevölkerung, jedoch wird immerhin konstatiert, dass ca. 60% der Bevölkerung den wünschenswerten Spiegel von 20ng/ml 25-OH-Vitamin D nicht erreichen und das präventive Potential für die Knochengesundheit nicht ausschöpfen.
Anhand dieser Daten sind alleine in Deutschland 44.9 Millionen Personen als mangelversorgt anzusehen.
Risikoguppen
Niedrige 25 OH Vitamin D Spiegel finden sich endemisch in den älteren Bevölkerungsgruppen und vor allem bei den Hochbetagten (>85 Jahre). Der Anteil mangelversorgter Personen liegt zwischen 50-100% sowohl in den USA als auch in Europa.
Die Gründe liegen hierbei vor allem in einem Sonnenvermeidungsverhalten, was durch die verminderte Syntheseleistung der Haut noch verstärkt wird, sowie in einer niedrigen Aufnahme durch die Nahrung.
Zu der besonders anfälligen Personengruppe gehören auch Kinder und Jugendliche. Dies trifft auch auf sonnenreiche Staaten wie Australien und Italien zu. Hauptgrund hierfür ist wiederum eine Veränderung der Lebensgewohnheiten mit verminderter Sonnexposition.
Es wird geschätzt, dass in den USA trotz angereicherter Lebensmittel ca. 50 Millionen Teenager eine Vitamin D Mangelversorgung aufweisen. In Europa ist das Risiko ebenfalls hoch, weil nur sehr wenige Nahrungsmittel mit Vitamin D angereichert werden. Eine Untersuchung an italienischen Kindern und Jugendlichen zeigte bei >80% einen Vitamin D Wert von <20ng/ml ohne zusätzliche Nahrungsergänzung.
Unter täglicher Zufuhr von 1500 I.E. über 6 Monate im Winterhalbjahr erreichten hingegen 88% der Kinder 25-OH Vitamin D Werte von >20ng/ml.
Eine weitere Risikogruppe stellen Schwangere und Neugeborene dar. Niedrige Vitamin D Werte bei Schwangeren finden sich weltweit häufig und sind mit einem erhöhten Risiko von Gestationsdiabetes und Präeklampsie verbunden.
Das Neugeborene hat nur eine sehr limitierte Reserve an Vitamin D3 und auch der Gehalt in der Muttermilch ist gering. Dieser beträgt nur bis zu 44% der mütterlichen Vitamin D3 Werte.
Die Calciumaufnahme aus dem Darm ist jedoch bereits in der Frühphase abhängig von Vitamin D und daher ist eine positive Calciumbilanz gerade in der starken Wachstumsphase am Anfang des Lebens entscheidend.
Auch Vegetarier und Menschen mit einer veganen Ernährungsweise gehören zu den besonders gefährdeten Personen, da nur über tierische Nahrungsmittel nennenswerte Mengen an Vitamin D aufgenommen werden können.
Die Aufnahme von Vitamin D kann auch durch zahlreiche Erkrankungen und Medikamente beeinträchtigt werden.
Zusammenfassend wird klar, dass die Vitamin D Versorgung von großen Teilen der Bevölkerung weltweit unzureichend ist. Schätzungen gehen von einer durchschnittlichen täglichen Versorgung von lediglich 200 IE aus.
Ursachen der Vitamin D Mangelversorgung
ungenügende Eigensynthese
Es ist unbestritten so, dass aus der Evolution heraus, die überwiegende Quelle für die Vitamin D Versorgung der Menschen aus der direkten Sonnenexposition herrührte. Wenn man Naturvölker wie die Maasai betrachtet, findet man hier weiterhin durchschnittliche 25-OH Werte von 50ng/ml.
Dies setzt jedoch einen Neigungswinkel der Sonne von >45 Grad voraus, d.h. in Deutschland, dass zwischen dem 47 Grad-55 Grad Nord liegt, ist von ca. Mitte September bis Mitte März der Körper nicht in der Lage Vitamin D selbst zu synthetisieren und ist demnach auf die exogene Zufuhr oder die vorhandenen Speicher angewiesen.
Die Eigensynthese wird zudem durch zahlreiche Variablen beeinträchtigt. Durch unsere moderne Lebensweise halten wir uns häufig in geschlossenen Räumen auf, im Freien ist der überwiegende Anteil der Körperoberfläche oft durch Kleidung verdeckt.
Die Verwendung von Sonnenschutzfaktor sowie eine vermehrte Pigmentierung bewirken ebenfalls eine erhebliche Reduktion der körpereigenen Produktion.
Ältere Menschen sind durch die oft geringe Sonnenexposition sowie die verminderte Syntheseleistung der Hautzellen im Alter besonders von einer Unterversorgung gefährdet.
Studien gehen hier von einem Anteil von 40-100% in Europa und den USA aus. Eine weitere Risikogruppe stellen Frauen aus muslimischen Ländern dar, die aus religiösen Gründen keine ausreichende natürliche Sonnenexposition erhalten.
mangelnde Speicherfähigkeit
Eine weit verbreitete Annahme ist es bisher, dass der Körper im Winter bei fehlender Eigensynthese auf gespeichertes Vitamin D im Fettgewebe zurückgreifen kann. Während dies in der Theorie plausibel erscheint, ist es aus evolutionsgeschichtlichen und biologischen Gründen jedoch nicht wahrscheinlich, dass dies über einen Zeitraum von mehreren Monaten erfolgen kann.
Viele Fragen sind hier noch ungeklärt und die bisherigen Annahmen zur Speicherfähigkeit des Organismus sind kritisch zu sehen. Dies hat mehrere Gründe.
Zum einen beträgt auch in den Sommermonaten die durchschnittliche zusätzliche Zufuhr an Vitamin D durch die Sonnenexposition in verschiedenen Kohorten im Mittel nur 400-700 I.E. Bereits hier wird anschaulich, dass insgesamt zu wenig produziert wird, um überhaupt eine Speicherung im Fettgewebe zu ermöglichen.
Eine weitere Voraussetzung sind 25-OH Vitamin D Konzentration von ca. 40ng/ml, da ansonsten das freie Vitamin D3 sofort umgewandelt wird und nicht zur Speicherung zur Verfügung steht.
Die gemessene Menge an Vitamin D im Fettgewebe betrug in Untersuchungen zwischen 38-116µg/kg. Dies entspricht einem Reservoir von ca. 37000-116000 I.E. bei einer 70kg schweren Person. Um einen Vitamin 25-OH Wert von 20ng/ml aufrecht zu erhalten reicht diese Menge bei einem angenommenen täglichen Bedarf von 2000 I.E für 18-57 Tage, um 40ng/ml zu erhalten nur für9-28 Tage.
Keine dieser Annahmen ist in der Lage, den „Vitamin D Winter“ zu überbrücken. Diese begrenzte Speicherkapazität erklärt auch den erheblichen Abfall der 25-OH Vitamin D Werte um durchschnittlich 20ng/ml gegen Ende des Winters selbst bei Personen, die im Sommer im Freien arbeiten und während dieser Zeit Werte von >50ng/ml aufweisen.
Für die überwiegende Mehrzahl der Bevölkerung, die sich tagsüber meist in geschlossenen Räumen aufhalten und nur eine gelegentliche Sonnenexposition erfahren, ist es daher unwahrscheinlich eine ausreichende Vitamin D Versorgung ohne zusätzliche Zufuhr zu erreichen.
unzureichende Zufuhr mit der Nahrung
Die Zufuhr von Vitamin D3 mit der Nahrung ist ebenfalls in der Summe unzureichend, da der Gehalt an Vitamin D3 in den meisten Nahrungsmitteln gering ist, am höchsten in Lebertran (bis zu 1200µg/kg) und Seefischen (2-477µg/kg) sowie Innereien (bis zu 14µg/kg) und Eigelb (bis zu 57µg/kg). Demnach kann die tägliche Aufnahme an Vitamin D3 zwischen 7µg (Milch, Fleisch und Eier) und 50µg (bei täglichem Fischkonsum) erreichen.
Dabei entspricht 1µg Vitamin D3 40 I.E. In Europa liegen in den nordischen Ländern mit 4-14 µg die höchsten durchschnittlichen Aufnahmewerte vor. Dies ist auf den vermehrten Verzehr von Lebertran, fettem Seefisch und angereicherten Nahrungsmitteln zurückzuführen.
In Mitteleuropa und auch in Deutschland liegt die mittlere tägliche Vitamin-D-Zufuhr bei Kindern lediglich bei 1 -2 µg und bei Jugendlichen und Erwachsenen bei 2-5 µg. In Südeuropa ist die Versorgungssituation mit der Nahrung noch prekärer.
Da die mittlere Einnahme von Vitamin D mit der Nahrung typischerweise unter 5µg liegt ist es für die meisten Kinder und Erwachsene in Europa nicht möglich den empfohlenen Tagesbedarf an Vitamin D von mindestes 600 IE (entspricht 15µg) bei fehlender Sonnenexposition täglich zu erreichen.
Zwischen der Vitamin D Aufnahme und den 25-OH Vitamin D Werten besteht dabei eine kurvlineare Beziehung und eine inverse Korrelation zum Body Mass Index (BMI). Im Mittel beträgt der Äquivalenzwert an D3 ca.100 I.E. täglich um den 25-OH Vitamin D Spiegel im Blut um 1ng/ml anzuheben.
Allerdings geben die reinen Aufnahmewerte an D3 die totale Vitamin D Aktivität in der Nahrung nur unzureichend wieder, da in tierischer Nahrung auch signifikante Mengen an 25-OH Vitamin D enthalten sind und Personen, die Fleisch konsumieren höhere Vitamin D Werte als Vegetarier aufweisen.
Die Gesamtzufuhr an Vitamin D wird für 200gr. Rindfleisch auf bis zu 112 I.E und auf 230 I.E für ein großes Ei geschätzt. Dies liegt darin begründet, dass die orale Aufnahme von 25-OH Vitamin D die individuellen Spiegel stärker anheben kann als D3.
In Summe wird aktuell der Anteil der Vitamin D Versorgung mit der Nahrung im Vergleich zur Sonnenexposition unterschätzt.
Anreicherung von Nahrungsmitteln mit Vitamin D
Traditionell werden daher vor allem in Nordamerika Milch und Milchprodukte mit Vitamin D angereichert, um Mangelerscheinungen zu verhindern. In Deutschland ist dies nicht generell empfohlen. Zu den Ländern, in denen eine systematische Anreicherung von Milchprodukten durchgeführt werden, gehören die USA, Kanada, Finnland, Schweden und Indien.
In Finnland konnte die Vitamin D Versorgung der allgemeinen Bevölkerung durch die Nahrungsanreicherung erheblich verbessert werden. Der Anteil an Personen mit 25-OH Vitamin D Werten von <20ng/ml konnte dadurch von 55,7% im Jahr 2000 auf 9.1% im Jahr 2011 gesenkt werden.
Die Daten zeigten weiterhin, dass vor allem Personen mit sehr niedrigen Ausgangswerten von der Substitution profitierten, was für die Sicherheit der getroffenen Maßnahmen spricht. So reduzierte sich der Anteil von Personen mit ausgeprägtem Vitamin D Mangel <12ng/ml von 13% auf 0.6% innerhalb der 11 Jahresperiode.
Es wäre viel gewonnen, wenn auch andere Gesundheitsbehörden und Regierungen die Bedeutung von Vitamin D erkennen würden und stärker angereicherte Nahrungsmittel zur Verfügung stehen würden, um den täglichen Bedarf zu decken.
Von einer Expertengruppe wurde daher bereits 2018 auch für Deutschland und Österreich gefordert dem Beispiel Finnlands zu folgen und über eine generelle Anreicherung von Milch-, und Milchprodukten mit Vitamin D das offensichtliche Versorgungsdefizit in der allgemeinen Bevölkerung zu verbessern.
Aber auch mit angereicherten Lebensmitteln kann ein Vitamin D OH Spiegel von 30ng/ml im Allgemeinen nicht erreicht und aufrechterhalten werden, so dass in Abwesenheit einer regelmäßigen Sonnenexposition eine gezielte Substitution von Vitamin D notwendig ist.
Vitamin D Substitution
nationale und internationale Richtlinien
Empfehlungen zur Zufuhr von Vitaminen und Spurenelementen werden in Europa von der European Food Safety Authority (EFSA) und in Nordamerika vom Institut of Medicine (IOM) auf Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen Studienlage veröffentlicht. Daneben werden von den meisten Ländern auch nationale Richtlinien durch offizielle Gesundheitsbehörden wie der deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) herausgegeben.
Sowohl vom IOM als auch der EFSA werden dabei die 25-OH-Vitamin D Werte als der geeignete Biomarker zur Bestimmung der Vitamin D Status von Populationen angesehen. Eine ausreichende Versorgung liegt demnach bei 25-OH Vitamin D Werten >20ng/ml für 97.5% der allgemeinen Bevölkerung vor. Grundlage hierfür sind die nachgewiesenen positiven Effekte zur muskuloskelettalen Gesundheit sowie in der Schwangerschaft.
derzeit gültige Empfehlungen zum täglichen Vitamin D Bedarf
Kinder und Erwachsene
Die täglich ausreichende Menge AI (adequate intake) um 25-OH Vitamin D Werte von >20ng/ml mit der Nahrung bei fehlender Eigensynthese zu erreichen wird für Kinder > 1Jahr und für Erwachsene jeden Alters von der EFSA im Mittel mit 600 I.E. angegeben. Vom IOM werden ebenfalls 600 I.E. als RDA (recommended dietary allowance) empfohlen, ab 70 Jahren 800 I.E.
Die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) empfiehlt in ihren aktuellen Leitlinien von 2012 einen Schätzwert von 800 IE (20µg) täglich an Vitamin D bei fehlender Sonnenexposition. Es wurde jedoch nachgewiesen, dass die berechneten Werte des IOM auf einer fehlerhaften statistischen Auswertung der Daten beruhen und nicht in der Lage sind die gewünschten Zielwerte bei der Mehrheit der Personen zu erreichen.
Säuglinge und Kleinkinder
Es herrscht ein breiter Konsens darin, dass Kleinkinder keiner direkten Sonnenbestrahlung ausgesetzt werden sollten, und daher einer Vitamin D Prophylaxe bedürfen. Bei Säuglingen bis 12 Monate wird vom IOM und der EFSA eine Aufnahme von 400 IE am Tag empfohlen.
Die deutsche Gesellschaft für Kinder und Jugendmedizin (DGKJ) empfiehlt für die Prophylaxe bei Säuglingen und Kleinkindern die Substitution von 400 IE-500 IE/Tag in den ersten 12-18 Lebensmonaten.
ältere Personen
Aufgrund der verminderten Sonnenexposition und der reduzierten Syntheseleistung der Haut wird für Personen über 75 Jahre im Allgemeinen eine tägliche Vitamin D Zufuhr von 800 I.E. empfohlen. Im Hinblick auf die Reduktion des Sturz-, und Frakturrisikos empfehlen mehrere Fachgesellschaften einen 25-OH Vitamin D Spiegel von 30ng/ml, der jedoch eine deutlich höhere tägliche Zufuhr benötigt.
Schwangerschaft und Stillzeit
Für Schwangere und stillende Mütter empfehlen die meisten Gesellschaften keine anderen Richtlinien als für die allgemeine Bevölkerung. In Anbetracht der bestehenden Risiken für die werdende Mutter sowie den Föten und das Neugeborene sollte jedoch gerade hier auf eine ausreichende Vitamin D Versorgung geachtet werden. Es gibt gute Gründe für die Annahme, dass eine ausreichende Vitamin D Versorgung in der Schwangerschaft unabdingbar für die Entwicklung des Fötus ist und ein Mangel zu dauerhaften negativen Gesundheitswirkungen führen kann.
Vor diesem Hintergrund ist es eine erstaunliche Tatsache, dass die Muttermilch, die als perfektes Nahrungsmittel für das Neugeborene gilt, zu wenig Vitamin D enthält und daher bei gestillten Säuglingen die Substitution von 400-500 I.E. Vitamin D generell empfohlen wird. Die Grundproblematik einer unzureichenden Vitamin D Versorgung der Mutter besteht leider auch heutzutage unverändert fort.
Da 25-OH Vitamin D die sekretorische Schleimhaut der Brustdrüsen nicht in größerem Umfang passieren kann ist die Versorgung des Säuglings nur über den Gehalt an freiem Vitamin D3 in der Muttermilch möglich, der jedoch lediglich zwischen 10-40% der mütterlichen Werte beträgt.
Um eine ausreichende Menge des Neugeborenen allein durch die Muttermilch (ca. 400 I.E) zu erreichen sind dafür Vitamin D3 Werte der Mutter von 30-40ng/ml notwendig, was wiederum 25-OH Vitamin D Werte von ca. 50ng/ml voraussetzt.
Dies erfordert jedoch eine tägliche Aufnahme von ungefähr 6000 I.E. an Vitamin D3. Erst ab dieser Gesamtzufuhr kann von einer ausreichenden Menge an Vitamin D für die Ernährung des Kindes gesprochen werden. Dies wird von mehreren weiteren Studien unterstützt, die zeigten, dass eine tägliche ergänzende Zufuhr von 4000 I.E. bei Schwangeren ab der 12.-16. Woche zuverlässig zu 25-OH-Vitamin D Werten >32ng/ml führen, ab denen ein adäquater Versorgungsstatus vorliegt.
Zu Nebenwirkungen kam es in keinem einzigen Fall. Vitamin D konnte bisher als einzige Substanz die Rate an Präeklampsie und Frühgeburten senken, wenn die Mütter bereits vor der Konzeption Vitamin 25-OH Werte von >30ng/ml aufwiesen. Auch das Risiko von Asthmaerkrankungen bei Kindern bis 3 Jahren wurde bei diesen Werten signifikant reduziert.
Frauen mit Kinderwunsch und werdende Mütter sollten daher einen Vitamin 25-OH Spiegel von mindestens 40ng/ml anstreben.
Patienten mit Niereninsuffizienz
Bei Patienten mit Niereninsuffizienz finden sich in über 80% niedrige Vitamin D Werte und als Folgeerscheinung häufig ein sekundärer Hyperparathyreoidismus mit daraus resultierender niedriger Knochendichte.
In klinischen Studien konnten mit wöchentlichen Vitamin D Gaben zwischen 10.000-20.000 I.E. ausreichende 25-OH Werte von 20-30ng/ml erreicht werden. Da die 1,25 OH-Vitamin D Produktion in der Niere bei dialysepflichtigen Patienten jedoch erheblich reduziert bzw. aufgehoben ist, werden im Bedarfsfall auch zusätzlich das aktive Hormon oder Analoga zur Regulation des Calciumhaushaltes verabreicht.
obere Grenzwerte

Zugleich werden von den Gesundheitsbehörden Richtlinien für den sicheren Umgang zur Einnahme von Vitaminen herausgegeben. Sowohl von der ESFA als auch vom IOM wird in der aktuell gültigen Fassung ein oberer sicherer Aufnahmewert (safe tolerable upper intake level UL) an Vitamin D für Jugendliche und Erwachsene ab 11 (9) Jahren von 100µg/Tag festgelegt, was einer Dosierung von 4000 IE Vitamin D entspricht. Für Kinder unter 11 Jahren gelten 2000 I.E. als oberer sicherer Aufnahmewert.
Dieser orale Aufnahmewert kann zudem auch auf natürlichem Weg durch die Sonnenbestrahlung am Tag erreicht werden und ist auch aus diesem Grund als physiologisch anzusehen. Im Durchschnitt werden damit 25-OH Vitamin D Werte von 50ng/ml erreicht. Berücksichtigung finden in diesen Richtlinien dabei auch epidemiologische Studien die eine Assoziation von 25-OH-Werten von >30-60ng/ml mit einer Zunahme der Gesamtmortalität, kardiovaskulärer Erkrankungen und Frakturen nach Stürzen
beschrieben haben.
akute Toxizität von Vitamin D und Hyperkalzämie
Nach Ansicht der EFSA und zahlreicher Experten sind auch Vitamin D Dosen von bis zu 10.000 IE täglich nicht mit einer Toxizität für nahezu alle Personen in der Allgemeinbevölkerung verbunden und können als NOAEL (no observed adverse effect level) Dosierung angesehen werden.
Als Referenz dient hier wiederum der 25-OH Vitamin D Serumwert, der als zuverlässiger und generell akzeptierter Marker des Vitamin D Status angesehen wird. Solange eine orale Zufuhr zu Steady State 25-OH Spiegeln führt, die bekanntermaßen nicht mit einer Vitamin D Toxizität verbunden sind, trifft dies folgerichtig auch für die orale Zufuhr zu.
Ein oberer Grenzwert an 25-OH Vitamin D, welcher zur Vitamin D Intoxikation führen kann ist bis heute nicht eindeutig definiert. Eine Vitamin D Überversorgung kann am Anfang zur vermehrten Kalziumausscheidung im Urin führen. Dies ist ein einfach zu bestimmender Marker im Morgenurin. Langfristig kann dies zur Bildung von Nierensteinen und zur Nephrokalzinose mit reduzierter Nierenfunktion führen.
Dennoch ist das entscheidende Kriterium für eine Vitamin D Hypersensitivität bzw. Überversorgung eine erhöhte Kalziumkonzentration im Blut.
Dadurch kommt es zu Herzrhythmusstörungen, Dehydratation und Lethargie. Weitere Symptome können Schwindel, Durchfälle und Erbrechen sowie Muskelschmerzen und Bindegewebsverkalkungen sein. Untersuchungen konnten zeigen, dass hierfür 25-OH Vitamin D Werte von >280ng/ml notwendig sind.
Um diese Werte zu erreichen sind tägliche Aufnahmewerte von ca. 77000 I.E an Vitamin D notwendig. Dieser Wert kann derzeit als LOAEL (lowest observed adverse effect level) Wert definiert werden, d.h. ab diesen Aufnahmewerten sind Nebenwirkungen nicht auszuschließen. Es gibt bis heute keine glaubwürdigen Beweise, dass orale Vitamin D Dosen von bis 10000 I.E am Tag oder sogar darüber hinaus zu Gefäßverkalkungen führen können, dies gilt auch für Dialysepatienten.
Nach neuen Erhebungen nehmen in den USA derzeit über 3% der allgemeinen Bevölkerung Vitamin D in einer Dosis von >4000 IE täglich ein. Der Anteil an Personen mit 25-OH Vitamin D Werten >50ng/ml nahm im Zeitraum von 2002-2011 dabei um über das 26-fache zu, eine erhöhte Toxizität in Form von Hyperkalzämien wurde jedoch auch bei Werten von >80ng/ml nicht beobachtet.
Vitamin 25-OH Werte und Gesamtsterblichkeit
Während aus zahlreichen epidemiologische Studien und Meta-Analysen die starke Assoziation zwischen niedrigen 25-OH-Werten (<20ng/ml) und der Gesamtsterblichkeit als gesichert gelten kann, haben einzelne Untersuchungen auch eine Erhöhung der Gesamtmortalität und des Risikos kardiovaskulärer Erkrankungen mit 25-OH-Werten >50-60ng/ml gezeigt.
Die Interpretation dieser Studien bleibt jedoch aufgrund zahlreicher möglicher Einflussfaktoren widersprüchlich und die Ergebnisse werden von der Mehrzahl an Kohortenstudien nicht unterstützt. Zusammenfassend offenbaren diese Studien den erheblichen Spielraum für eine Erhöhung der Vitamin D Zufuhr und unterstreichen die Wichtigkeit einer regelmäßigen Kontrolle der Vitamin D Werte, um von den zusätzlichen Gesundheitswirkungen dieses Vitamins zu profitieren.
Diskrepanz zwischen aktuellen Empfehlungen und Bedarf
Wie ist die nach wie vor existierende und offensichtliche Diskrepanz von offiziellen Empfehlungen zur Vitamin D Zufuhr und dem tatsächlichen Bedarf erklärbar? Während es seit langem anerkannt ist, das Säuglinge und Kleinkinder eine täglichen Zufuhr von 400 I.E. am Tag erhalten sollten, bleibt es ein Faszinosum, warum der Bedarf eines Erwachsenen mit 70-80kg nahezu identisch mit dem eines 3.5kg schweren Neugeborenen sein soll.
Dies hat eine Reihe von Gründen. Historisch beruhen die Empfehlungen auf den empirischen Vitamin D Werten, die zur Vermeidung einer Rachitis notwendig waren. Zu dieser Zeit war es überhaupt noch nicht möglich 25-OH Vitamin D Werte als Marker der Vitamin D Versorgung zu bestimmen.
Die aktuellen Empfehlungen zum täglichen Bedarf beruhen zudem fast ausschließlich auf Untersuchungen zum Calcium-, und Knochenstoffwechsel als der ältesten bekannten Funktion von Vitamin D.
Trotz einer Assoziation von Vitamin D Status und vielen Erkrankungen in epidemiologischen Beobachtungen konnte bis heute keine klare Kausalität zwischen spezifischen Vitamin D Werten und dem Auftreten von bestimmten Krebs-, und Autoimmunerkrankungen etabliert werden. Diese Kausalität wird mutmaßlich auch nicht zu führen sein, da die Ätiologie dieser Erkrankungen immer multifaktoriell ist und ein Vitamin D Mangel nur einer der Faktoren ist, die eine Rolle spielen können. Kein anderes Steroidhormonsystem des Körpers wird jedoch in der Funktion derart limitiert wie der Vitamin D Stoffwechsel. Auch ist unklar, ob es unterschiedlicher Schwellenwerte an Vitamin D in verschiedenen Geweben bedarf, um eine entsprechende Wirkung hervorzurufen.
Die Hypothese darf demnach auch nicht darin bestehen, dass eine zusätzliche Vitamin D Zufuhr diese Erkrankungen verringern kann, sondern ist gerade darin zu sehen, dass ein Vitamin D Mangel diese Erkrankungen begünstigt und verstärkt.
Anders als bei Studien zu pharmakologischen Wirksoffen, bei denen eine klare Wirksamkeit bewiesen werden muss, liegt bei natürlichen Substanzen wie Vitamin D die Beweislast dem Grunde nach bei den Skeptikern, die den Nachweis führen müssen, dass die geltenden Richtwerte ausreichend in Bezug auf die bestmögliche Gesunderhaltung des Organismus sind. Aktuell durchgeführte Interventionsstudien können diese Fragen möglicherweise in den nächsten Jahren besser erklären helfen.
Konterkariert werden die Bemühungen um eine ausreichende Vitamin D Versorgung der Bevölkerung auch von Bewertungen wie dem Bundesamt für Risikobewertung (BfR). Nicht überraschend wird in einer erst 2020 erschienenen Stellungnahme vor einer regelmäßigen täglichen Einnahme von 3000-4000 I.E. an Vitamin D aus höherdosierten Nahrungsergänzungsmitteln gewarnt, da damit das derzeit geltende UL von 4000 I.E. aus allen Quellen überschritten werden kann und eine tägliche Zufuhr von 800 I.E. nach den derzeit gültigen Empfehlungen der DGE als ausreichend anzusehen ist.
Begründet wird dies insbesondere mit einem möglicherweise erhöhten Mortalitätsrisiko, dass mit einer regelmäßigen Einnahme über 6 Monate und 25-OH Vitamin D Werten von >30ng/ml verbunden ist. Herangezogen wird hierzu eine repräsentative Studie zur Vitamin-D-Versorgung der deutschen Bevölkerung auf deren Basis 16.2% der Kinder und 9.1% der Erwachsenen Vitamin D Werten >30ng/ml aufweisen. Die Autoren dieser Studie konstatieren hierin jedoch eine pandemische Mangelversorgung an Vitamin D in Europa mit einer Prävalenz von 40.4% auf Basis eines Schwellenwertes von <20ng/ml, was allein für Deutschland knapp 45 Millionen Personen entspricht.
Eine Interpretation der Daten dahingehend, bei den ausreichend mit Vitamin D versorgten Personen ein besonderes Gefährdungspotential zu erkennen, lässt einen nur noch sprachlos zurück.
generelle Einnahmeempfehlungen
Es herrscht zunehmende Einigkeit darin, dass die Bioverfügbarkeit und Wirksamkeit von Vitamin D3 in der Anhebung der 25-OH Vitamin D Werte um den Faktor 2 besser als von Vitamin D2 ist und daher primär zur Substitution geeignet ist. Auch scheint die Halbwertszeit im Blut länger als für Vitamin D2 zu sein und beträgt ungefähr 12-24 Stunden.
Eine Substitution von Vitamin D sollte aufgrund der nachgewiesenen direkten Wirkungen daher nach Möglichkeit auf täglicher Basis erfolgen, um kontinuierliche Serumwerte zu erreichen.
Wöchentliche oder 2 wöchentliche Intervalle führen hingegen dazu, dass an mehreren Tagen der Vitamin D3 Wert im Blut nahezu null beträgt, solange keine exzessiven Dosen zugeführt werden.
Auch dann scheint jedoch keine nennenswerte Speicherung im Fett-, und Muskelgewebe zu erfolgen. Dies hat praktische Konsequenzen, z. B. für die stillende Mutter, die dadurch mehrere Tage Muttermilch ohne ausreichenden Vitamin D3 Gehalt produziert. Der einzige praktikable Weg konstante Vitamin D Werte zu erhalten ist demnach die regelmäßige tägliche Zufuhr bzw. die chronische UV-Exposition.
Um die Aufnahme zu erleichtern sollte diese am besten zu einer Mahlzeit, die etwas Fett enthält, erfolgen. Exzessive Sättigungsdosen und Stoßtherapien sollten bis auf Ausnahmesituationen unterbleiben und sind als pharmakologisch und sicherlich nicht als physiologisch zu werten. Sie sind allenfalls unter ärztlicher Aufsicht und Überwachung indiziert, da die genauen Wirkungsweisen weitgehend unerforscht sind.
individuelle Substitution
Der individuelle Vitamin D Status ist von zahlreichen Faktoren abhängig und sollte vor Beginn einer Vitamin D Substitution anhand eines aktuellen 25-OH Vitamin D Wertes bestimmt werden. Aufgrund der saisonalen Schwankungen der Eigensynthese von Vitamin D empfiehlt sich aber ohnehin eine wiederholte Messung des 25-OH Vitamin D über den Jahreszyklus (z.B Frühjahr-Herbst) und eine variable Substitution unter Berücksichtigung der jeweiligen Messwerte und des gewünschten Zielwertes, der ebenfalls abhängig von z.B. Begleiterkrankungen definiert werden sollte.
Als wünschenswerter Richtwert für eine optimale Gesundheitswirkung von Vitamin D in Bezug auf verschiedene Endpunkte wie Knochendichte und Frakturrisiko, Funktion des Bewegungsapparates, immunologische Wirkungen, Krebsprävention und Zahngesundheit kann der Bereich von 30-60ng/ml an 25-OH Vitamin D angesehen werden, der nach allen wissenschaftlichen Erkenntnissen mit keinerlei Nebenwirkungen verbunden ist.
Die endogene Eigensynthese wird von Ort und Dauer der Sonnenexposition, dem Gebrauch von Lichtschutzmitteln, der Hautpigmentierung und dem Alter beeinflusst.
Die Bioverfügbarkeit von Vitamin D über die Nahrung kann durch Absorptionsstörungen (M. Crohn, Zöliakie), Medikamenten Einnahme, Lebererkrankungen oder hormonelle Störungen vermindert sein.
Ebenfalls spielen konstitutionelle Faktoren (BMI) eine große Rolle. Beispielsweise kann die Vitamin D Dosis für übergewichtige Patienten (BMI >30kg/m2) um den Faktor x3 höher sein, um einen bestimmten Zielwert zu erreichen. Auch genetische Faktoren oder maligne Erkrankungen können Ursache eines reduzierten Vitamin D Status sein.
Neueste Untersuchungen konnten zudem nachweisen, dass es nach Substitution selbst bei gleichen Vitamin D Werten zu erheblichen Unterschieden in der Genregulation bei verschiedenen Individuen kommt, was zu der Annahme geführt hat, dass bestimmte Personen stärker von einer Vitamin D Zufuhr profitieren bzw. der optimale Vitamin D Spiegel abhängig von einer individuellen Empfänglichkeit ist.
Aufgrund dieser zahlreichen Variablen sind allgemein gültige Empfehlungen zur Substitution von Vitamin D nur begrenzt möglich.
Eine tägliche Einnahme einer bestimmten Menge Vitamin D3 führt nach einem Zeitraum von 3-4 Monaten zu einem neuen Steady State Gleichgewicht an 25-OH Vitamin D und kann daher zur Abschätzung des individuellen Bedarfs dienen. Um eine Mehrzahl von Personen auf 25-OH Vitamin D Werte von 30-40ng/ml zu bringen ist dafür eine ergänzende Zufuhr von ca. 1800-4000 I.E. am Tag notwendig.
Fazit
Der Vitamin D Mangel ist eine globales Gesundheitsproblem und auch in Europa und Deutschland ist die Inzidenz hoch. Als derzeit besten Marker zur Abschätzung des Vitamin D Status dient der 25-OH Vitamin D Wert im Blut.
Bis heute existiert kein einheitlicher Konsens bezüglich der optimalen Vitamin D Versorgung. Es herrscht weitgehende Einigkeit darin, dass Werte < 12ng/ml als schwerer Mangel anzusehen sind und korrigiert werden sollten.
Bei Werten >20ng/ml gehen die meisten internationalen Gesundheitsorganisationen von einer ausreichenden Vitamin D Versorgung für die Mehrzahl der allgemeinen Bevölkerung im Hinblick auf die Knochengesundheit aus, während zahlreiche Fachgesellschaften und Experten aufgrund zahlreicher Biomarker 25-OH Vitamin D Spiegel von >30ng/ml empfehlen, auch um von den zahlreichen wahrscheinlichen allgemeinen gesundheitsfördernden Wirkungen von Vitamin D zu profitieren, die auf die hormonelle Wirkungsweise in zahlreichen Geweben und Organsystemen zurückzuführen sind.
Mit einer täglichen Zufuhr von 800 I.E an Vitamin D3 aus den verschiedenen Quellen, wie sie derzeit in Deutschland als ausreichend angesehen wird, können diese Werte nicht erreicht werden und bedürfen im allgemeinen einer gezielten Substitution.
In Anbetracht der großen therapeutischen Breite von Vitamin D ist jedoch nach wie vor eine irrationale Angst vor möglichen Nebenwirkungen zu beobachten, die verhindert, dass das präventive Gesundheitspotential in der allgemeinen Bevölkerung ausgeschöpft wird.
Es wäre vielmehr umsichtig, sich an den 25-OH Vitamin D Werten unserer Vorfahren zu orientieren, die sich in einem Bereich von 30-60ng/ml bewegt haben und als physiologisch zu betrachten sind und demnach am wahrscheinlichsten eine Schutzfunktion in Bezug auf mögliche Gesundheitsrisiken bieten.
Die in diesem Artikel zusammengetragenen aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse über Vitamin D sollen daher als Basis für den sicheren Umgang im Rahmen einer individuellen ergänzenden Zufuhr angesehen werden.
Vitamin D ist sicher kein Allheilmittel, es ist jedoch als ein wichtiger, sicherer und kostengünstigen Faktor zur Aufrechterhaltung der Gesundheit anzusehen, da es zu einer kleinen Gruppe von Nahrungsbestandteilen gehört, die direkte Auswirkungen auf die Genregulation haben und damit weitreichende positive physiologische und klinische Effekte mit einem großen präventiven Potential besitzen.